Wir alle im Team WHITE CONCEPTS lieben die Weihnachtszeit – geschmückte Straßen, der Duft von Waffeln & Glühwein, die Vorfreude auf ein paar besinnliche Tage im Kreise der Familie… Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wir blicken zurück auf all die besonderen Momente, alle Höhen und Tiefen, die Hürden, die wir gemeinsam gemeistert haben und die tollen Frauen, die wir im Showroom kennen lernen durften. In diesem Jahr fühlen wir ehrlich gesagt ein besonderes Maß an Demut und Dankbarkeit. Um diese Zeit im letzten Jahr dachten wir wie so viele von euch auch „Nächstes Jahr wird alles besser, wir kehren zurück zur Normalität“ und doch war das Jahr 2021 noch so viel weiter weg davon, als alles zuvor. Immer noch leidet unser Geschäft unter den Einschränkungen der Pandemie und wir sind noch lange nicht an einem Punkt angekommen, an dem wir sagen können „Wir haben es geschafft.“
Doch damit sind wir nicht alleine und um ehrlich zu sein – es könnte uns weitaus schlechter gehen. Wir sind gesund, munter, guter Dinge, geimpft, voller Tatendrang, haben ein Dach über dem Kopf und einen Job, der uns Freude bereitet. Wir wurden verschont von den größten Katastrophen im letzten Jahr und haben alle ein gutes Netzwerk um uns herum – Familie, Freunde, Kolleginnen, Unterstützer/innen. Viele Frauen können dies nicht von sich behaupten. Sie haben in ihrem Alltag unheimlich viele Hürden zu meistern, sind vielleicht nicht anständig in unsere Gesellschaft integriert, müssen Sprachbarrieren überwinden, sind alleinerziehend oder in schlechten Partnerschaften… Ihr Alltag wird durch die Pandemie nur umso schwieriger gestaltet. Auf einmal fehlen Zugänge zu wichtigen Institutionen, die Kinderbetreuung ist kaum zu bewältigen und hinzu kommt die große Belastung des Home Schoolings für viele Mütter. Der Verein Frauen helfen Frauen setzt sich seit 43 Jahren dafür ein, diesen Frauen die Hilfe zukommen zu lassen, die sie benötigen, die ganz besonders in Zeiten der Pandemie so notwendig ist. Angelika Gey vom Verein war so lieb und hat sich die Zeit für ein kleines Interview mit uns genommen, um ein besseres Bild der Arbeit zu vermitteln, die sie und ihre Kolleginnen tagtäglich leisten und vor welche Hürden sie regelmäßig gestellt werden. Auch wie ihr helfen könnt, erfahrt ihr hier.
Wie sieht Ihre alltägliche Arbeit bei „Frauen helfen Frauen“ aus?
Wir bieten viermal in der Woche offene Sprechzeiten an, in die jede Frau ohne Termin kommen kann. Die Zeiten sind Montag, Donnerstag und Freitag von 9 – 12 und Dienstag von 15 – 17 Uhr. Wir bieten aber auch Termine an, falls das zeitlich nicht klappt oder Frauen wiederholt kommen und nicht immer die Beraterin wechseln wollen. Die Frauen kommen mit den verschiedensten Anliegen von A wie Armut bis Z wie Zwangsheirat. Wir schauen dann, wie wir unterstützen können oder ob wir die Frauen an andere Stellen verweisen. Manche Frauen wünschen sich auch einfach nur ein Gespräch, eine Person, die mit ihnen gemeinsam die Situation reflektiert.
In der Interventionsstelle nehmen wir aktiv Kontakt zu den Opfern häuslicher Gewalt auf, die der Polizei die Erlaubnis zur Weitergabe ihrer Daten gegeben haben. Wir beraten nach dem Gewaltschutzgesetz, das verschiedene Maßnahmen wie Kontakt- und Näherungsverbot oder die Überlassung der Wohnung im Eilverfahren ermöglicht. Häufig brauchen die Frauen auch einfach ein Gespräch darüber, wie es denn nun weitergehen kann/soll. Auch hier verweisen wir auf Wunsch an andere Stellen wie den Weißen Ring oder Familien- und Eheberatung. Weniger als 10% davon sind Männer, die wir zumindest telefonisch beraten.
Was macht Ihre Arbeit so besonders?
Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich, keine Frau und keine Geschichte ist gleich. Das erfordert viel Sachkompetenz, aber ebenso viel Einfühlungsvermögen, Kreativität und Flexibilität. Da die Frauen häufig schlechte Erfahrungen gemacht haben – individuell sowie strukturell – entwickelt sich recht schnell eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit, wenn sie merken, dass wir sie unterstützen und uns viel Mühe geben, sie zu verstehen und nicht zu verurteilen. Ganz wichtig ist uns auch, dass wir die Frauen nicht bevormunden. Sie bleiben immer die Expertinnen ihres eigenen Lebens.
Gibt es einen besonderen Moment, an den Sie sich gerne zurückerinnern?
Eine Frau hat mir einige Zeit nach Abschluss der Beratung gesagt, ich hätte sie so bestärkt und unterstützt, dass sie es geschafft hätte, ihr Leben zu verändern. Es passiert öfter, dass Frauen sich melden und uns von positiven Entwicklungen berichten, das sind immer ganz tolle Momente.
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am meisten?
Wir sehen nicht nur den „Fall“ oder das „Problem“, sondern den ganzen Menschen. Also nicht nur die Not und den Schmerz, sondern auch die Power und die Lebensfreude. Bei uns wird auch viel gelacht, das hilft den Ratsuchenden genauso wie den Beraterinnen, damit kann frau der Situation häufig die Schwere nehmen. Das geht aber natürlich nur, wenn die Frauen schon so weit sind, dass sie auch wieder Freude empfinden können.
Vor welchen Schwierigkeiten stehen Sie täglich?
Schlimm ist, dass wir manche Dinge einfach nicht ändern können, da es um gesellschaftliche Rahmenbedingungen geht. Wenn sich Frauen z.B. dazu entschlossen haben eine gewalttätige Beziehung zu beenden und dann keine Wohnung finden, die sie bezahlen können. Oder wenn die Gefahr besteht, dass ihr Aufenthalt gefährdet ist, wenn sie sich von ihrem Mann trennen.
Häufig kommen wir auch an unsere professionellen Grenzen, wenn Frauen z.B. dringend eine Traumatherapie benötigen, es aber für Kassenpatientinnen eine sehr lange Warteliste gibt. Da wir doch meist mit sehr schweren Themen befasst sind, müssen wir auch gut auf uns selbst achten.
Was möchten Sie jeder Frau – auch den Leserinnen dieses Interviews – mit auf den Weg geben?
Ich wünsche mir, dass wir alle aufmerksamer durch die Welt gehen und den Mut haben nachzufragen, wenn wir den Eindruck haben, es geht einer Frau nicht gut oder sie ist möglicherweise von häuslicher Gewalt betroffen. Meist gibt es da eine Schamgrenze oder wir haben den Eindruck, das ist privat. Aber Gewalt ist nie privat! Ich spreche hier nicht von Konflikten oder Streit zwischen Partner*innen auf Augenhöhe, sondern davon, dass Gewalt immer auch ein Macht- und Unterdrückungsverhältnis ist, in dem es einen unterlegenen und einen überlegenen Part gibt. Es gibt nach wie vor ein Ungleichgewicht im Geschlechterverhältnis. Da wünsche ich mir mehr Zivilcourage (natürlich ohne sich in Gefahr zu bringen), nachzufragen und sich einzumischen.
Ansonsten wünsche ich mir selbstbewusste Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen und die wissen, dass sie stark und wertvoll sind, auch wenn es manchmal nicht so läuft, wie frau es sich wünscht.
Wie hat die Pandemie Ihre Arbeit verändert, beziehungsweise welche neuen Hürden & Themen sind dadurch zum Vorschein gekommen?
Wir führen tatsächlich ähnlich viele Beratungen wie vor der Pandemie. Das ist allerdings keineswegs eine positive Entwicklung, denn viele Frauen haben durch die Pandemie keinen Zugang zu öffentlichen Hilfsstellen und sind somit oft der Annahme, dass auch wir während eines Lockdowns nicht ansprechbar sind. Dass wir dennoch genauso viele Beratungsgespräche führen, wie vor der Pandemie, spricht dafür, dass der Bedarf eher größer ist. Gewaltanzeigen haben deutlich zugenommen, wobei die Dunkelziffer hier sehr hoch ist, bei uns kommt da wirklich nur die Spitze des Eisbergs an.
Viele Frauen sind außerdem im vergangenen Jahr am deutschen Schulsystem und Entscheidungen der Politik hinsichtlich der Betreuungsangebote verzweifelt. Gerade für alleinerziehende Mütter, aber auch solche in Partnerschaften war die Situation oftmals nicht tragbar – Betreuung der Kinder neben dem Job, Homeschooling, das alles hat zu ihrem Alltagsstress beigetragen und sie an ihre Grenzen gebracht. Hinzu kommt, dass viele alleinstehende Frauen in Zeiten der Lockdowns regelrecht vereinsamt sind.
Was kann man & frau über eine Spende hinaus für Ihren Verein tun?
Gerne unsere Flyer auslegen am Arbeitsplatz oder in Institutionen, wo so etwas möglich ist. Wenn Sie in der Nachbarschaft, in der Familie oder im Freundeskreis den Bedarf bemerken, können Sie gerne auf unsere Beratungsstelle verweisen. Sie können bei Verdacht auf häusliche Gewalt bei uns anrufen und sich beraten lassen, was zu tun ist. Manchmal brauchen wir auch Frauen, die ehrenamtlich für uns übersetzen oder andere Frauen zu Behörden oder Ämtern begleiten oder auch tatkräftig bei Umzügen o.ä. mit anpacken. Wir würden dann vorab ein Gespräch führen, welche Möglichkeiten es da z.Z. gibt.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Frau Gey & dem gesamten Team von Frauen helfen Frauen. Wir hoffen, dass wir durch diesen kleinen Blogpost Aufmerksamkeit für ihre wichtige Arbeit schaffen können und dass sich die ein oder andere unter euch vielleicht sogar zu einer Spende inspiriert fühlt. Spenden könnt ihr direkt an den Verein – einfach diesem Link folgen.